Bestandsgebäude neu gestalten

Pädagogische Haltung sichtbar machen

Leseförderung im Klassenraum Haltung zeigt sich auch im Kleinen

Bestandsgebäude stellen Schulen oft vor besondere Herausforderungen – und bieten große Chancen. Anstatt veraltete Strukturen lediglich zu erhalten, können sie neu gedacht werden, um die pädagogische Haltung einer Schule klar zum Ausdruck zu bringen. Dabei spielt die Gestaltung eine zentrale Rolle. Sie trägt dazu bei, Werte wie Offenheit, Gemeinschaft, Zugehörigkeit und Verantwortung in den Mittelpunkt zu stellen und das Schulklima spürbar zu beeinflussen.

Der Transformationsprozess als pädagogisches Statement

Die Neugestaltung bestehender Schulräume ist mehr als eine gestalterische oder technische Maßnahme – sie ist Ausdruck einer Haltung. Sie zeigt: Auch in älterer Bausubstanz können moderne pädagogische Konzepte gelebt werden. Durch gezielte Eingriffe – etwa mit Blick auf Lichtführung, Materialwahl oder Raumnutzung – entsteht ein Dialog zwischen Tradition und Entwicklung. Die bauliche Transformation wird zum sichtbaren Zeichen für pädagogische Erneuerung und für die Bereitschaft, Bestehendes weiterzudenken.

Offene Lernräume trotz alter Bausubstanz

Ein wesentliches Gestaltungsprinzip besteht darin, funktionale Starrheit zu überwinden. Wo immer möglich, werden feste Raumgrenzen aufgelöst oder durchlässig gestaltet. Transparente Flächen, Einblicke in Lernprozesse und sichtbare Übergänge zwischen Unterrichts- und Begegnungsbereichen fördern das Gefühl von Offenheit und Zugänglichkeit. Auch in baulich begrenzten Situationen kann durch bewusste Lichtführung und die Betonung von Sichtbeziehungen eine klare räumliche Geste entstehen: Diese Schule ist offen – im wörtlichen wie im übertragenen Sinn.

Farbgestaltung, Materialwahl und visuelle Zeichen von Haltung

Nicht nur Struktur und Grundriss, auch Farben und Materialien transportieren eine Botschaft. Sie schaffen Atmosphäre, Orientierung und Identität. Durch warme Farbtöne und natürliche Materialien entsteht eine Umgebung, die einladend wirkt und Wertschätzung vermittelt. Die Kombination aus historischen Elementen und modernen Akzenten signalisiert: Hier wird nicht nur erhalten, sondern weiterentwickelt – ein Zeichen für eine lernende Organisation.

Auch kleinste Details können Haltung sichtbar machen. Wenn Schülerarbeiten prominent und sorgfältig präsentiert werden – gut ausgeleuchtet, in durchdachter Rahmung – zeigt sich darin: Wir sind stolz auf das, was hier entsteht. Ähnlich wirkt die Darstellung des Kollegiums im Eingangsbereich: Wer dort mit Foto sichtbar ist, wird Teil eines gemeinsamen Bildes von Schule. Und auch hier gilt: Die Sortierung (alphabetisch, nach Funktion, mit oder ohne Hierarchien) ist Ausdruck einer inneren Ordnung und sendet eine Botschaft.

Orientierung, Offenheit, Ansprechbarkeit – kleine Zeichen mit großer Wirkung

Eine Schule, die Orientierung gibt, zeigt das nicht nur in ihrem pädagogischen Konzept, sondern auch in ihrer Wegführung. Gut ausgeschilderte Räume, klare Leitsysteme und verständliche Raumbezeichnungen erleichtern nicht nur die Navigation – sie vermitteln auch: Hier sind alle willkommen. Offen stehende Türen, transparente Besprechungsräume oder eine offen zugängliche Schulleitung sind Ausdruck einer Kultur der Zugänglichkeit. Wenn das Büro der Schulleitung nicht hinter einem verschlossenen Sekretariat liegt, sondern räumlich und atmosphärisch in das Schulgeschehen eingebunden ist, entsteht Nähe – auch das ist Haltung.

Partizipation als Gestaltungsmotor

Gestaltung wird dann besonders wirksam, wenn sie gemeinsam entwickelt wird. Schülerinnen und Schüler, Lehrkräfte, Eltern und Mitarbeitende bringen spezifische Erfahrungen mit. Beteiligungsformate wie Workshops, Modellbauten oder begehbare Planungsvarianten helfen, diese Perspektiven aufzunehmen und in eine gemeinsame Lösung zu überführen. So entsteht nicht nur ein nutzbarer, sondern ein erlebbarer Raum, der als geteiltes Vorhaben mitgetragen wird.

Herausforderungen und Chancen im Bestandsgebäude

Die Umgestaltung im Bestand bringt Herausforderungen mit sich: begrenzte Budgets, baurechtliche Vorgaben oder Denkmalschutz erfordern kreative Lösungen. Doch gerade in der Auseinandersetzung mit diesen Rahmenbedingungen können innovative Ideen entstehen, die über rein funktionale Ansprüche hinausgehen. Haltung zeigt sich auch dort, wo im Kleinen stimmige Lösungen gefunden werden – zum Beispiel durch bewusste Möblierung, kluge Zonierung oder die gezielte Aktivierung von Fluren und Zwischenräumen.

Fazit

Die Umgestaltung von Bestandsgebäuden ist ein sichtbarer Ausdruck pädagogischer Haltung. In Farbe, Form, Struktur und Organisation wird deutlich, welche Werte das schulische Miteinander prägen sollen. Wenn Arbeiten von Schüler:innen wertschätzend präsentiert werden, wenn Menschen sich auf Bildern wiederfinden, wenn Wege klar und Türen offen sind, wenn Leitung präsent ist – dann wird Schule als gemeinsamer Raum erfahrbar. Architektur ist nie neutral. Auch ohne große Umbauten können Schulen Haltung zeigen – präzise, glaubwürdig und wirksam.