Partizipation im Schulbau

Methoden für die Praxis

Wie gelingt echte Beteiligung – ohne die Planungsprozesse zu überfrachten? 

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Sieben bewährte Methoden

Wie kann Partizipation in der Praxis aussehen? Die folgenden Methoden haben sich in Schulbauprojekten und darüber hinaus bewährt. Sie sind flexibel anpassbar und lassen sich gut mit Erwachsenen wie auch mit Schülerinnen und Schülern einsetzen.

1. Raum-Expedition: Das sind meine Lieblingsorte

  • Geeignet für: ab Klasse 3 bis Oberstufe
  • Gruppengröße: 3–6 Schüler:innen pro Gruppe
  • Materialien: Tablets oder Kameras, Notizzettel, ggf. vorbereitete Bewertungsbögen, Klebepunkte
  • Vorgehen:
    • Mit dem Handy Bilder sammeln lassen, betiteln und hochladen. Eventuell vorher Kategorien festlegen nach Gebäudeteil oder nach Qualität
    • Gruppen erkunden gemeinsam die Schule (oder Teile davon).
    • Sie dokumentieren Positives und Negatives durch Fotos, Skizzen oder Notizen.
    • Ergebnisse werden gesammelt, geclustert und in einer Abschlussrunde präsentiert.
  • Vorteile: einfache Durchführung, konkrete Bilder und Stimmen der Schüler, schnell Ergebnisse.
  • Nachteile: erfordert eine gute Auswertung; jüngere Kinder brauchen klare Leitfragen.

2. Aufenthaltsorte sichtbar machen: Wo halten wir uns gerne auf?

  • Geeignet für: ab Klasse 1 bis Oberstufe
  • Gruppengröße: 3–6 Schüler:innen pro Gruppe
  • Materialien: Klebepunkte oder Notizzettel, eventuell nach Tageszeiten variieren
  • Vorgehen: Die Schülerinnen und Schüler kleben Punkte im Gebäude oder auf Plan: wo habe ich mich heute aufgehalten? Mögliche Auswertungsfragen:
    •   Wo freiwilliger Aufenthalt? Wo gesetzt?
    • Quantität: wo halten sich wann viele Menschen auf?
    •  Qualität: Welche Qualität sollten diese Orte haben?
    • Wo sind häufig und viel genutzte Orte? Lassen sich diese Orte entzerren? Brauchen sie eine besondere Qualität?

3. Moodboards & Collagen

  • Geeignet für: Grundschule bis Oberstufe
  • Gruppengröße: 2–8 Schüler:innen pro Gruppe oder auch einzeln
  • Materialien: Zeitschriften, Farbkarten, Stoffmuster, Scheren, Kleber, Papier/Plakate, ggf. digitale Tools (Canva, Padlet)
  • Vorgehen:
    • Schüler:innen wählen Bilder, Farben und Materialien aus, die für ihre Lernumgebung stehen.
    • Collagen oder digitale Boards entstehen.
    • Ergebnisse werden im Plenum vorgestellt und diskutiert.
  • Vorteile: niedrigschwellig, kreativ, macht „Atmosphäre“ und Wünsche sichtbar.
  • Nachteile: eher qualitative Ergebnisse; benötigt Interpretation für Planer:innen.

4. Planspiel mit Bodenplänen

  • Geeignet für: ab Klasse 5 bis Oberstufe
  • Gruppengröße: 4–10 Schüler:innen pro Gruppe
  • Materialien: große Ausdrucke von Grundrissen, Magnetkarten oder Pappkarten für Möbel/Räume, Stifte, Klebepunkte
  • Vorgehen:
    • Schüler:innen arbeiten direkt auf Plänen: Räume oder Möbel werden verschoben, Flächen ergänzt oder markiert.
    • Gruppen präsentieren ihre Version.
    • Gemeinsam werden Überschneidungen und Unterschiede diskutiert.
  • Vorteile: konkrete, anschauliche Ergebnisse; gute Diskussionsgrundlage für Planer:innen.
  • Nachteile: Pläne müssen verständlich aufbereitet sein; Gefahr, dass Detaildiskussionen die Vision verdecken.

5. Mock-ups

  • Geeignet für: ab Klasse 5 bis Oberstufe
  • Gruppengröße: flexibel, 6–15 Schüler:innen pro Durchlauf
  • Materialien: Pappe, Klebeband, Kartons, Stühle, Tische, ggf. Stoffbahnen; Kreide oder Klebeband für Grundrisse auf dem Boden
  • Vorgehen:
    • Schüler:innen bauen maßstabsgetreu Raumgrößen oder Möblierungen nach.
    • Sie erproben Nutzungsszenarien („Wie fühlt es sich an, hier zu lernen?“).
    • Feedback wird direkt gesammelt.
  • Vorteile: erlebbar, macht Raumdimensionen verständlich, fördert Diskussion.
  • Nachteile: logistischer Aufwand, benötigt Platz und Material.

6. Modellschule bauen

  • Geeignet für: ab Klasse 3 bis Oberstufe
  • Gruppengröße: 4–10 Schüler:innen pro Gruppe
  • Materialien: Pappkartons/-rollen, Pappen, Papier Bastelmaterialien möglichst vielseitig, Klebestifte
  • Vorgehen:
    • Schüler:innen erstellen mit den Materialien ein Wunsch-Schulgebäude oder Klassenzimmer.
    • Gruppen/ Personen präsentieren ihre Version.
    • Gemeinsam werden Überschneidungen und Unterschiede diskutiert.
  • Vorteile: konkrete, anschauliche Ergebnisse; gute Diskussionsgrundlage für Planer:innen. Es geht um Qualitäten!, nicht um die Abbildung einer möglichen Realität. Gute Grundlage um ins Gespräch zu kommen.
  • Nachteile: Interpretationsbedürftig, materialaufwändig

7. World Café

  • Geeignet für: ab Klasse 5 bis Oberstufe
  • Gruppengröße: 4–6 Schüler:innen pro Gruppe
  • Materialien: Metaplan- oder Flipchartpapiert, Stifte
  • Vorgehen:
    • Die Gruppen bearbeiten eine bestimmte Fragestellung an ihrem Tisch, jeder Tisch hat eine andere Fragestellung.
    • Nach etwa einer Viertelstunde wechseln die Gruppen ihren Tisch, ein Gastgeber bleibt, um der nachfolgenden Gruppe das bisherige Ergebnis zu präsentieren
    • Die Gruppe sichtet das bisherige Ergebnis an diesem Tisch und ergänzt.
    • Präsentation der Plakate
  • Vorteile: Vertiefter Austausch mit hoher Beteiligung, Gute Impulse sorgen für ein gutes Ergebnis
  • Nachteile: etwas aufwändig in der Organisation

Was gute Partizipation braucht – Gelingensbedinungen

Damit Beteiligung mehr ist als ein symbolischer Akt, sind bestimmte Gelingensbedingungen entscheidend:

  1. Klare Ziele und Grenzen
    Von Beginn an muss transparent sein: Welche Entscheidungen können Schülerinnen und Schüler beeinflussen, welche nicht? Nur so entstehen realistische Erwartungen.
  2. Altersgerechte Methoden
    Beteiligung funktioniert dann, wenn sie spielerisch, anschaulich und kreativ gestaltet wird. Methoden müssen zur Erfahrungswelt der Altersgruppe passen.
  3. Zeit und Raum
    Gute Beteiligung braucht feste Termine und ausreichend Zeit im Projektplan – sie darf kein „Add-on“ sein, das zwischen Tür und Angel stattfindet.
  4. Rückkopplung und Verbindlichkeit
    Ergebnisse müssen dokumentiert und in den Prozess zurückgespiegelt werden. Wer beteiligt wird, möchte sehen, dass sein Beitrag Wirkung zeigt.
  5. Professionelle Moderation
    Beteiligung ist ein pädagogischer und kommunikativer Prozess. Externe oder geschulte Moderator:innen stellen sicher, dass alle Stimmen gehört werden und die Ergebnisse handhabbar bleiben.
  6. Vielfalt berücksichtigen
    Es reicht nicht, nur Klassensprecher:innen oder einzelne „engagierte“ Gruppen zu beteiligen. Möglichst viele Perspektiven sollten einbezogen werden.

Fazit: Beteiligung schafft Qualität und Akzeptanz

Partizipation ist kein Selbstzweck. Sie bringt echte Mehrwerte, wenn sie professionell geplant und durchgeführt wird: Schülerinnen und Schüler entwickeln eine stärkere Identifikation mit ihrer Schule, Planungsprozesse profitieren von authentischen Perspektiven, und am Ende entstehen Räume, die besser genutzt werden.

Natürlich bedeutet Beteiligung zusätzlichen Aufwand. Doch wer klare Strukturen schafft, altersgerechte Methoden wählt und Rückkopplung ernst nimmt, erlebt, dass Partizipation nicht „stört“, sondern Qualität, Akzeptanz und Zukunftsfähigkeit von Schulbauprojekten entscheidend stärkt.

Mehr Einblicke und Hintergründe zum Thema finden Sie in meinem Blogbeitrag zur Beteiligung“. Und wenn Sie Lust haben, über Ihre eigenen Erfahrungen oder Ideen ins Gespräch zu kommen – schreiben Sie mir gerne über kontakt@heikebrauer.com, ich freue mich über den Austausch.